Was verstehen wir unter (guter) Arbeit, und wie können wir sie für alle garantieren?
Was ist sie uns wert und wer entscheidet darüber?

Der Großteil der menschlichen Arbeit ist Fürsorgearbeit. Doch obwohl sie für uns alle lebensnotwendig ist, wird sie kaum bis gar nicht wertgeschätzt. Sie wird nicht als ökonomische Leistung anerkannt und bleibt damit im wirtschaftlichen Diskurs weitestgehend unsichtbar. Das hat zur Folge, dass häufig jene finanziell benachteiligt sind, die sich privat oder beruflich für Care-Arbeit entscheiden oder entscheiden müssen. Sei es, weil Care-Berufe wie zum Beispiel in der Pflege, Erziehung und Hauswirtschaft generell schlecht bezahlt sind, sei es, weil private Fürsorgepflichten erfordern, dass Menschen  Teilzeit arbeiten oder ihren Beruf ganz aufgeben.

Es sind vor allem Frauen, die durch ihre Care-Arbeit, das alltägliche Kümmern um Kinder, Ernährung und Gesundheit Verantwortung für das Wohlergehen von Familien übernehmen. Gleichzeitig sorgen sie damit auch dafür, dass Gesellschaft, Unternehmen und unser marktwirtschaftliches System überhaupt funktionieren. Trotzdem fließen Elternzeit und die Pflege Angehöriger nicht in wirtschaftliche Gesamtrechnungen ein und wirken sich so gut wie gar nicht auf die Rentenzahlungen aus.

Care-Arbeit wird nach wie vor fast unhinterfragt als Aufgabe von Frauen verstanden. Das zeigt sich unter anderem darin, dass sich Vereinbarungspolitiken überwiegend an der Situation von Frauen orientieren. Und es gibt durchaus Versuche, Frauen bessere gesellschaftlicher Teilhabe- und Verwirklichungschancen zu bieten. Damit aber Frauen ein besserer Zugang zu Vollzeit und Führungspositionen ermöglicht wird, müssen mehr Männer Verantwortung für Care-Aufgaben übernehmen und ihre Erwerbsarbeitszeiten reduzieren.

Jenseits der ungerechten Verteilung von privater Care-Arbeit zwischen Frauen und Männern, die mit dem ‚Gender Care Gap‘ berechnet wurde, entstehen weitere Probleme aus der ungelösten Care-Situation. So wird heute Sorgearbeit, insbesondere körpernahe Sorgearbeit, immer häufiger an andere Frauen ausgelagert, meist aus Ländern mit einem niedrigeren Lohnniveau. Dieses System sogenannter ‚Care Chains‘ erstreckt sich längst über Länder und Kontinente hinweg und sorgt in den Herkunftsländern der in Deutschland pflegenden Frauen wiederum für eine Care-Lücke. Trotzdem wird Arbeitsmigration immer wieder gerne bei der Lösungssuche zum Pflegenotstand angeführt.

Es ist die gesellschaftliche Wertschätzung von Sorgearbeit, die über Vergütung und Arbeitsbedingungen bestimmt, Altersarmut, demografische Veränderungen müssen dabei mitbedacht werden, genauso wie gesellschaftliche Teilhabe und unser Verhältnis zur Umwelt.

Die Initiative ‚Equal Care Day‘ ist ein Plädoyer, das Konzept Arbeit weiter zu fassen, Sorgearbeit mit einzubeziehen in die Berechnung von Wertschöpfungsketten und den Begriff ‚Care‘ in seiner umfassenden Bedeutung anzuerkennen. Wir wollen ‚Care‘ zum Maßstab und Zielpunkt gesellschaftlicher Veränderungen und Prozesse machen, und mit Ihnen gemeinsam Wege suchen in eine fürsorgliche Demokratie.