Ein Gastbeitrag von Patricia Cammarata.
Damit das Familien- oder Paarleben klappt, müssen neben den sichtbaren Aufgaben im Alltagsleben sehr viele unsichtbare Aufgaben mitgedacht werden. Diese Aufgaben werden oft nicht explizit genannt, werden jedoch nebenher identifiziert, geplant und dann erledigt. Neben tatsächlichen ToDos, bringen diese Aufgaben nochmal ein nicht unbeträchtliches Eigengewicht in die Gesamtsumme aller sichtbaren Aufgaben. Die eigentliche Belastung ist dabei das verantwortlich für alles zu sein. Eine Verantwortung, die in den allermeisten Fällen den Frauen zukommt. Diese Belastung kann so schwerwiegend sein, dass sie zu burnoutähnlichen Symptomen führt.
Ein Beispiel
Die unsichtbaren ToDos umfassen die Klärung folgender Fragestellungen:
- Wo wohnt das Geburtstagskind?
- Wie lauten die Kontaktdaten der Eltern/des Kindes?
- Wie kommt das eingeladene Kind dorthin?
- Wenn das eingeladene Kind von den Eltern des Geburtstagskindes abgeholt wird, brauchen die eine Abholvollmacht?
- Wer schreibt die Vollmacht und denkt am entsprechenden Tag daran sie ins Elternheft zu legen?
- Was wünscht sich das Geburtstagskind?
- Wenn das Kind keine Wünsche hat, war man schon letztes Jahr eingeladen?
- Was hat man da geschenkt (Dopplungen vermeiden)?
- Was könnte man schenken?
- Wo bekommt man das Geschenk?
- Wann ist ein Zeitfenster im Familienalltag, damit man das Geschenk besorgen kann?
- Wer verpackt das Geschenk?
- Ist noch Geschenkpapier da?
- Wie kommt das eingeladene Kind wieder nach Hause?
- Gibt es parallele Termine, die schon geplant waren, die jetzt abgesagt werden müssen?
- Kollidiert das Holen/Bringen mit anderen Verpflichtungen (weitere Kinder, die regulär irgendwo hin gebracht werden müssen, Verpflichtungen im Job…)
- Müssen Hausaufgaben nachgeholt werden, weil die wegen der Feier nicht gemacht werden können?
Wie verringert ihr Mental Load und kommt zu einer besseren Aufteilung?
An fast allen alltäglichen Aufgaben hängt ein langer Rattenschwanz an Planungs-, Dokumentierungs- und Koordinationsaufgaben. Damit man Mental Load verteilen kann, muss man Unsichtbares sichtbar machen. Nicht immer lassen sich Mental Load (die Verantwortung für den Gesamtprozess) und Aufgaben klar trennen.
Was erreicht ihr dadurch?
Eine höhere Transparenz, von dem was im Alltag geleistet wird. Eine höhere Transparenz bedeutet meistens auch mehr Wertschätzung und Verständnis.
Der Partner macht nicht mit?
Aus den verschiedensten Gründen, wollen manche Partner nicht an einer besseren Verteilung arbeiten. Zum Beispiel dann, wenn die Konstellation gelebt wird, in der einer Vollzeit bezahlt arbeiten geht und der andere unbezahlt zuhause arbeitet.
Rechnet euch dann selbst aus wie viele Stunden ihr pro Woche unbezahlt arbeitet. Euer Partner hat einen 40-Std.-Vertrag. Nehmt den als Grundlage und schaut, was ihr dem entgegenzusetzen habt.
- Wie viele Stunden arbeitet ihr an einem Tag?
- Wie viele Überstunden pro Woche (also alles was 40 Std übersteigt) kommen zusammen?
- Was ist eure Arbeit wert? Rechnet euch das anhand durchschnittlicher Stundenlöhne aus.
Außerdem sprecht ihr über Schwierigkeiten oder Spannungsthemen bevor ihr total frustriert und sauer seid, so dass ihr eigentlich nicht mehr vernünftig und konstruktiv darüber sprechen könnt. Langfristig optimiert ihr eure Liste, die Aufwände werden realistischer, unbeliebtes schleppt sich nicht für immer durch den Alltag und sorgt für Frust. Und allem voran: Ihr sprecht miteinander.
- Putzen 14 Euro
- Nachhilfe und Hausaufgaben 18 Euro
- Administrative Tätigkeiten 20 Euro
Vor allem mit kleinen Kindern kommt man schnell auf eine >70 Stunden-Woche und ein ganz stattliches Gehalt.
Mistet eure ToDo-Liste aus.
Es ist schwer Dinge nicht zu tun, die in direktem Zusammenhang mit den Kindern stehen. Schaut euch also die anderen Sachen an. Die Aufgaben sind ungleich verteilt? Vielleicht streikt ihr einfach bei einigen Sachen. Macht sie einfach nicht oder nicht so wie sonst. Man kann auch knittrige Shirts anziehen, man kann auch mal die Sportsachen nicht rechtzeitig waschen, den Lieblingskäse vergessen einzukaufen und all die Dinge, die sonst immer auf magische Weise von Elfen erledigt werden.
Mehr zum Thema „Mental Load“ gibt es hier:
- Bei Patricia Cammarata.
- Der Comic zur Mental Load von der französischen Zeichnerin Emma (auf Deutsch).
- Der Equal-Care- und Mental-Load-Selbsttest von Johanna Lücke.
„Was ist eure Arbeit wert? Rechnet euch das anhand durchschnittlicher Stundenlöhne aus.“
“ Putzen 14 Euro
Nachhilfe und Hausaufgaben 18 Euro
Administrative Tätigkeiten 20 Euro“
Wieso das denn? Ich finde, hier sollte frau den Stundensatz anlegen, den ihr Partner verdient. Weil beide sind doch gleichwertige Menschen, die nur ihre gemeinsamen Aufgaben unterschiedlich untereinander aufgeteilt haben, oder? Einfacher wäre es dann, nur die Stunden zu vergleichen, und alle Überstunden zu gleichen Teilen aufzuteilen.
Viel zu kompliziert, klassenbesterhaft. Jeder darf mal fehler machen, ich würd z.B nie nach dem Wunsch fragen, man kennt ja die Kinder einigermaßen. Doppelgeschenk? sehr selten, und was solls? 70-80% der sachen erledigen sich von selbst, die Planung ist viel zu kompliziert, Zeit ist Geld, und damit und den Diskussionen darum verliert man viel.
Ich schließe mich Vera an: Das Umrechnen in Stundenlöhne reproduziert nur die mangelnde Wertschätzung von Tätigkeiten, die vorwiegend von Frauen übernommen werden, und kann damit wieder selbst zu einer Benachteiligung führen. Man sollte es daher besser einfach bei der Stundenanzahl belassen.
Den Hinweis, dass man jeweils nicht eine bestimmte Aufgabe, sondern den ganzen Prozess übernimmt, finde ich sehr gut! Man müsste dann aber nicht nur die Aufgaben auflisten, sondern diese auch jeweils einem gewünschten Arbeitsergebnis zuordnen. Z.B. „40°-Wäsche ist sauber (Wäsche sortieren, waschen, aufhängen, ggf. bügeln, falten, in den Schrank legen)“ oder „alle Geräte und Einrichtungsgegenstände funktionieren einwandfrei (alles was kaputt ist reparieren, Glühbirnen wechseln, quietschende/ schwergängige Türen und Fenster ölen, sich um kippelnde Tische/Stühle kümmern, etc.)“.
Was ich mich bei der Aufteilung/Berechnung gefragt habe: Wie sieht es denn mit Körperpflege-Arbeiten aus? Frauen investieren ja meist wesentlich mehr Zeit in ihre Körperpflege (rasieren, schminken, Haarpflege, passende und schöne Kleidung/Schuhe finden und tragen, etc.). Das lässt sich schwerer aufteilen, weil es den eigenen Körper betrifft. Dennoch hat ja auch der Partner etwas davon und möchte es auch meist nicht missen. Müsste das dann nicht auch miteinberechnet werden?
Angenommen es werden dafür ca. 3 Stunden mehr pro Woche benötigt, dann könnte der Partner als Ausgleich 3 Stunden mehr Hausarbeit machen (z.B. einmal mehr Essen kochen (inkl. Rezept überlegen, Zutaten aufschreiben, einkaufen, kochen, Spülmaschine ein- und ausräumen, Tisch aufräumen und decken, Essen servieren, etc.).
[…] Equal Care Day und Mental Load […]