Warum feiern wir am Geburtstag eigentlich nicht die Mütter?

An meinem letzten Geburtstag habe ich zum ersten Mal meine Mama zum Essen ausgeführt, denn eigentlich hat sie ja an meinem GEBURTstag das geleistet, was gefeiert gehört. Meine Mama ist eine fantastische Frau, und ich bin unglaublich dankbar dafür, ihre Tochter zu sein. Meine Mama hat meinen Bruder und mich als Alleinerziehende großgezogen und sich dabei nicht nur einmal Arme und Beine ausgerissen, um uns ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen. Das war oft mit großen Anstrengungen und Verzicht für sie selbst verbunden.

Sie hat nie viel Anerkennung dafür erhalten, was sie tagtäglich geleistet hat, und das hat mich schon als Kind sehr geschmerzt, denn ich hab ja gesehen, wie sie sich aufgearbeitet hat. Als sich meine Eltern getrennt haben, war ich 7 Jahre alt und mein Bruder 6. Meine Mutter war nach der Trennung von meinen Vater auch finanziell auf sich alleine gestellt und hat schnell wieder angefangen, in Vollzeit zu arbeiten. Das war sehr wichtig für uns als Familie, denn nur so konnten wir beispielsweise in unserer gewohnten Umgebung wohnen bleiben.

#unverSichtbar: Nicole

Nicole Prasse, 63 Jahre
vorgestellt von Lena Schneck

Vielfach musste sie sich aber leider auch von Freund*innen und Bekannten Vorwürfe anhören, sie wäre nicht ausreichend für meinen Bruder und mich da. Es wurde nicht gesehen, was sie alles geleistet hat, sondern nur darauf geschaut, was sie uns vermeintlich nicht bieten konnte. Ich habe aber gesehen, wie sehr sie sich in ihrem eigenen Leben beschnitten hat, nur um uns möglichst nicht in unseren Entwicklungsmöglichkeiten einzuschränken. Ein eigenes Zimmer war für meine Mama erst wieder gegeben, nachdem ich mit Anfang 20 ausgezogen war. All die Jahre hatte sie auf ihren eigenen Rückzugsort verzich­tet. Meine Mama war dabei immer stark und hat es an Liebe zu meinem Bruder und mir nie mangeln lassen. Als Familie hat uns das alles sehr eng zusammengeschweißt, und wir haben auch immer viel gemeinsam gelacht und das Leben genossen.

Ich freue mich sehr zu sehen, dass meine Mama jetzt, da sie das Gefühl hat, sowohl mein Bruder als auch ich sind gut im Leben angekommen, wieder so richtig aufblüht und endlich auch wieder Zeit für Hobbys wie Tango tanzen und Italienisch lernen findet. Doch auch als Oma – meine Schwägerin und mein Bruder haben bereits zwei Kinder – übernimmt sie häufig Fürsorgearbeit, denn wie bei vielen jungen berufstätigen Paaren mit kleinen Kindern ist Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein nicht ganz einfaches Unterfangen.

Meine Mama bedeutet alles für mich. Ich möchte ihr auch an dieser Stelle einmal aus vollem Herzen DANKE sagen. In Zukunft werde ich an meinem Geburtstag immer meine Mama feiern.

#unverSichtbar-Aufruf

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