Equal Care – Manifest, die Kurzfassung

Die professionelle, meist unterbezahlte Sorgearbeit (‚Care‘) also alle Arbeit rund um Pflege, Erziehung, Fürsorge und Haushalt wird überwiegend von Frauen geleistet (In Deutschland zu über 80%, weltweit zu zwei Dritteln). Die Arbeitsbedingungen und Löhne entsprechen dabei in keiner Weise den hohen Anforderungen, der Belastung und Verantwortung, die hier täglich erbracht werden. Ein Grund dafür ist die im internationalen Vergleich schlechte Personalbemessung bei den Pflegekräften und Hebammen in Deutschland und der andauernde Versuch, den Fachkräftemangel durch Ökonomisierung, weitere Sparmaßnahmen und durch Personal aus dem Ausland auszugleichen, sei es in öffentlichen Einrichtungen oder in der häuslichen Pflege und Betreuung.

Auch die private, unbezahlte Sorgearbeit, also die täglich anfallenden Arbeiten rund um Haushalt, Kindererziehung, Pflege von Angehörigen etc. wird überwiegend von Frauen geleistet. Im Alter von 34 Jahren übernehmen Frauen mehr als doppelt soviel (110,6%) Care-Arbeit als Männer. Inbegriffen sind hier alle Arbeiten um den privaten Haushalt, also auch die Steuererklärung, Autoreparatur und Gartenarbeit, nicht mitbedacht sind dagegen Verantwortung, Wissen und Organisation (sog. ‚Mental Load‘).

Insgesamt arbeiten Frauen in Deutschland im Durchschnitt eine Stunde länger pro Tag als Männer. Da Frauen nicht nur mehr unbezahlte Sorgearbeit übernehmen und Care-Berufe mehrheitlich eher schlecht bezahlt sind, verdienen sie weniger, haben folglich geringere Rentenansprüche und insgesamt weniger Vermögen. Dadurch haben sie weniger frei verfügbare Zeit für die eigene Aus- und Fortbildung, für Netzwerke, für gesellschaftliche Teilhabe und politisches Engagement, und deshalb auch weniger Einfluss auf gesellschaftliche Prozesse.

Die unfaire Verteilung und systematische Abwertung von Care-Arbeit vertieft die bestehende globale Ungleichheit zwischen arm und reich. Und die Coronavirus-Pandemie hat diese grundsätzliche Schieflage überdeutlich werden lassen, hierzulande und weltweit. Sie hat schmerzhaft spürbar gemacht, dass wir alle von der Geburt bis ans Sterbebett abhängig sind von der Care-Arbeit anderer, dass diese Arbeit unfair verteilt ist, und dass Care-Berufe nicht ihrer Systemrelevanz entsprechend honoriert werden: Je wichtiger eine Tätigkeit ist für die Gesellschaft, desto schlechter wird sie bezahlt.

Care- und Klimakrise sowie die aktuellen Erfahrungen der Coronavirus-Pandemie müssen deshalb Anlass sein, das heutige Wirtschaftsmodell gründlich zu überdenken und nachhaltig zu verändern! Um den Kreislauf zu durchbrechen aus unfairer Verteilung, mangelnder Wertschätzung, schlechter Bezahlung und fehlendem Ausgleich haben wir das Equal Care Manifest geschrieben, das die folgenden 18 Forderungen und Lösungsvorschläge enthält.

ERKLÄRUNG IN LEICHTER SPRACHE

Am 29. Februar 2020 war in Deutschland der ‚Equal Care Day‘. ‚Equal Care Day‘ ist englisch und heißt ‚Tag der gerecht geteilten Sorge·arbeit‘. Sorge·arbeit ist zum Beispiel: Kochen, putzen, waschen, den Müll raus·bringen. Sorge·arbeit ist auch: sich um Menschen kümmern. Zum Beispiel: Kindern etwas bei·bringen und mit Kindern spielen. Den Tag planen, an Termine denken und die Einkaufs·liste schreiben. Alte Menschen pflegen.

Sorge·arbeit wird oft von Frauen und Mädchen gemacht. Sorge·arbeit wird oft nicht bezahlt, oder es gibt nur wenig Geld. Viele Menschen finden, das ist nicht gerecht. Am ‚Equal Care Day‘ er·innern diese Menschen uns daran: Sorge·arbeit muss gerecht verteilt werden. Sorge·arbeit muss gerecht bezahlt werden.

Nur wenige Tage nach dem ‚Equal Care Day‘ kam das Corona·virus nach Deutschland. Viele Menschen sind krank geworden. Schulen und Kinder·gärten haben zu·gemacht, damit sich nicht noch mehr Menschen anstecken. Die Putz·hilfe und der Pflege·dienst sind nicht gekommen. Plötzlich haben viele Menschen Sorge·arbeit selbst machen müssen. Jetzt ist klar, dass Sorge·arbeit für uns alle sehr wichtig ist.

Frauen und Mädchen in der ganzen Welt machen besonders viel Sorge·arbeit. Sie bekommen dafür wenig oder kein Geld. Frauen und Mädchen haben deshalb auch wenig Zeit zum Geld·verdienen oder für die Schule. Wenn man Sorge·arbeit gerecht bezahlen will, braucht man dafür viel Geld. Aber man gibt für Sorge·arbeit nur wenig Geld aus.

Eine große Firma kann reich sein. Ein Land kann reich sein. Aber alle brauchen Sorge·arbeit. Menschen müssen etwas lernen können. Kranke Menschen brauchen Pflege. Die große Firma kann sonst nicht arbeiten. Kranke Menschen können nicht zur Arbeit gehen.

Sorge·arbeit ist keine leichte Arbeit. Zum Beispiel: die Arbeit im Kranken·haus. Oder die Arbeit im Alters·heim. Man muss sie lernen. Sorge·arbeit ist viel Arbeit. Man braucht viele Menschen. Sonst ist es zu viel. Das kostet viel Geld. Aber oft spart man das Geld. Dann kann die Sorge·arbeit im Alters·heim nicht richtig gemacht werden.

Deutschland ist ein reiches Land. Aber auch in Deutschland spart man das Geld. Im Alters·heim arbeiten nicht genug Menschen. Das Kranken·haus hat nicht genug Geld. Aber alle Menschen werden einmal krank. Menschen werden alt. Alle brauchen Sorge·arbeit. Man soll Sorge·arbeit gut bezahlen. Man soll das Geld nicht sparen. Sonst geht es vielen Menschen schlecht.

Frauen machen besonders viel Sorge·arbeit. Frauen sorgen für die Kinder. Frauen pflegen die Eltern. Sie bekommen kein Geld dafür. Sie haben wenig Zeit für den Beruf. Frauen bekommen dann nur wenig Geld, wenn sie alt sind. Das ist nicht gerecht.

Sorge·arbeit muss gerecht verteilt werden. Sorge·arbeit muss gut bezahlt werden. Alle müssen dabei helfen. Die Wissen·schaft muss erklären. Die Wirt·schaft muss gerechte Löhne zahlen. Die Politik muss gute Gesetze machen. Viele Dinge müssen anders werden. Das ist nicht leicht. Aber zusammen kann es klappen.

18 Forderungen

Eine readerfreundliche Alternative zu den folgenden 18 Bildkacheln mit identischem Inhalt finden Sie hier.

Wir laden dazu ein, gemeinsam für einen grundlegenden System- und Wertewandel zu kämpfen und sich zu diesem Ziel zusammenzuschließen. Wir fordern all diejenigen auf, die zur Zeit deutlich spüren, wie sehr sie persönlich von der Sorgearbeit anderer profitieren, Care nicht länger finanziell und ideell klein zu reden, sondern sich solidarisch zu zeigen, indem sie den überfälligen Kampf für mehr Sorgegerechtigkeit auch über die Coronavirus-Pandemie hinaus unterstützen. Care-Arbeit ist nicht nur systemrelevant, sie ist das Fundament unseres Systems!

  • Das Manifest können Sie hier unterzeichnen.
  • Das Druck-PDF für ein A3-Plakat der Kurzfassung finden Sie hier.
  • Die Langversion des Manifests mit allen Nachweisen und Bezügen finden Sie hier.
  • Das Druck-PDF der Langfassung finden Sie hier.