Care-Arbeit ist die Voraussetzung und Grundlage des Lebens, trotzdem wird fürsorgliches gesellschaftliches Engagement finanziell abgestraft: wer sich kümmert um die Familie, um eigene Kinder oder pflegebedürftige Angehörige und deshalb berufliche Aus- und Teilzeiten in Kauf nehmen muss, wer in meist gering honorierten Sorgeberufen arbeitet, ist oft nicht in der Lage, ausreichend und angemessen fürs eigene Alter vorzusorgen. Grundeinkommen und Zeitsouveränität, Transferleistungen oder ein Care-Konto … wie lässt sich verhindern, dass Sorgearbeit in die Altersarmut führt? Und wie kann es gelingen, dass sich Männer gleichberechtigt in die Care-Arbeit einbringen?
Karin Jurczyk
Dr. phil Karin Jurczyk ist Soziologin und war bis Mai 2019 Leiterin der Abteilung Familie und Familienpolitik am Deutschen Jugendinstitut. Derzeit aktiv ist sie im Initiativkreis Care.Macht.Mehr sowie im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Zeitpolitik.
#care.macht.mehr #Sorgegerechtigkeit #Zeitwohlstand
Protokoll
Datum: 29.02.2020
Protokollant: Nik Hemmer
- Vorschläge Zeitmuster
- Ansatzpunkte wie Elternzeit Teilzeit greifen zu kurz
Frau Dr. Jurczyk stellt ihr Optionszeitenmodell vor:
Ziel >> atmende Lebensläufe >> Arbeitszeit reduzieren/ unterbrechen um Care-Arbeit zu leisten
Normalbiografie heute: Trennung Männer und Frauen
Eine zentrale Forderung: Recht zu sorgen & versorgt zu werden
- Wichtig: nicht nur von Frauen geleistet werden
Vorschläge: Zeitkonto über das frei verfügt wird, 8 (9) Jahre die finanziell kompensiert werden
- 6 Jahre für private und gesellschaftliche Sorge (exklusiv für diese Zwecke)
> Steuerfinanziert >> kommt allen zu gute
- 2 für Weiterbildung
> Unternehmen: über Pools finanziert
- 1 für Selbstsorge
> Selbstfinanzierung: Selbstsorge
– nur über situatives GE geschützt
*Kompensation als Unterscheidung zum BGE, Realisierung der Zwecke die Gesellschaftlich benötigt werden.
Bei BGE ist mehr und gerechtere Care-Arbeit nicht garantiert
Niedrigere Arbeitszeit auch keine Lösung da keine Zweckbindung
Problem der Geringverdienenden
- Soziale Schieflage durch Prozentsatz
- Situatives Grundeinkommen welches für den konkreten Zeitraum geleistet wird
Weiteres Ziel/ Bedingung: Aufbrechen des klassischen Familienmodells
Finanzierung: Ggf. Care-Abgabe
Schaffung anderer Normalität: Selbstverständlicher Anteil in Erwerbsbiografie
Paar-Konstellation bewusst außer Acht gelassen um auch nach Trennungen und in Regenbogenfamilien auch Möglichkeit der Freiheit zu haben
Diskussion
Warum starres Modell?
Um nicht auf Frauen abzuladen, Sorge- und Geschlechtergerechtigkeit
Normalität von Erwerbsbiografien muss sich ändern
Änderung der Arbeitsverhältnisse >> Anschlussmöglichkeiten (ähnlich Rente)
Kultur- ↔ Strukturveränderung: Männerprobleme
Elterngeldanforderungen (Teilen der Elternzeit um höheren Satz zu bekommen)
könnte für bessere Care-Kultur sorgen
Aktuell folgt Größere Diskrepanz durch Abstand in Berufsjahren
(Männer meist älter und kein „Ausfall“ durch Schwangerschaft)
Ist die Bindung an Zweck schwierig?
Gegebenenfalls besser BGE um Freiheitsgrade zu erhöhen?
>> Frage von Vertrauen
Geschlechtergerechtigkeit fraglich > von Frauen in Anspruch genommen
(durch Bedingungen und Attraktivität kompensiert)
Alleinerziehende und nicht-Partnerschaftliche Beziehungen nach Elternzeitmodell mit aufnehmen
Elterngeld 70% des Durchschnittseinkommens beider um ungleiche Verteilung unattraktiver zu machen à Anregung dass auch besserverdienende Partner Elternzeit nehmen
Kreative Ideen um Care und Gerechtigkeitsbewirkung zu forcieren gefordert
Möglichkeit der Qualifizierung im Unternehmen über Care-Erfahrungen (Anrechnung von „erwerbslosen“ Jahren als Qualifizierung
Durch Zeitkonten kommt bessere Aufteilung und Aufwertung
Zeitkonten bezogen auf zu versorgenden Person?
ähnlich dem Kindergeld: pro zu pflegender Person dürfen XX Jahre Care-Zeit genommen werden
+ Attraktivität der Care-Work deutlich gesteigert
– Risiko dass sich Geschlechterverhältnis nicht ändert
Forderungen:
(auch nicht explizit genannte Forderungen aufgenommen)
- Aufwertung der Care-Arbeit, allgemein ohne Geschlechtsaspekt
- Recht einfordern zu Sorgen und versorgt zu werden
- Struktur um Care-Arbeit zu erleichtern und Verbessern
- Strukturelle Änderung um Care-Arbeit allen möglich und zugänglich zu machen
- Care-Arbeit unabhängig von Einkommen und Gesellschaftlicher Position ermöglichen
- Schaffen anderer Normalität à Atmende Biografien ermöglichen
- Arbeitszeitverkürzung und Flexibilisierung ermöglichen
- Entlohnung (nicht bloße Bezahlung) von Care-Arbeit
- Qualifizierungs- und Anrechnungspunkte für Care-Arbeit
- Reformieren des Steuersystems in ein Modell welches Geschlechtergerechtigkeit nicht untergräbt